Archäologische Entdeckungen durch Privatleute

Wenn der Laie von neu entdeckten historischen Stätten hört, so vermutet er meist, dass sie von Archäologen entdeckt wurden. Dies trifft jedoch in der Regel nicht zu. Die meisten archäologisch sehr wichtigen Areale weltweit wurden zunächst von Privatpersonen erkannt, bzw. Privatpersonen machten dort Funde von Weltrang wie z.B. die Himmelscheibe von Nebra. (Siehe dazu auch den Artikel "Fundstatistiken".) Erst die spätere systematische Untersuchung in Form von Grabungen wurden und werden von Berufsarchäologen durchgeführt.

Auch in der historischen Entwicklung der Archäologie als Wissenschaft spielten Privatleute eine entscheidende Rolle. Dies reicht vom späteren Präsidenten der USA Thomas Jefferson, der im 18. Jhd. indianische Gräber auf seinem Privatgrundstück öffnen ließ, bis Heinrich Schliemann und in unsere Zeit. Die heutige Amtsarchäologie vergisst dies gerne und sieht Privatleute, mit der Ausnahme der kostenlosen Arbeitskräfte der ehrenamtlichen Mitarbeiter, hauptsächlich als Störfaktoren an. Damit verleugnet sie ihre Gründer.

Erstentdeckungen können besser von Privatleuten gemacht werden, während die - aus Budgetgründen nur extrem selten durchgeführte - genaue archäologische Untersuchung des Areals per Ausgrabung besser durch Archäologen durchgeführt werden kann. Da sich die Kompetenzen beider Personengruppen ergänzen, könnten sie theoretisch gut zusammenarbeiten. In Deutschland geschieht dies jedoch nur selten, mit äußerst nachteiligen Folgen für den wissenschaftlichen Erkenntnisfortschritt.

Der Grund für das starke Übergewicht der Privatleute bei solchen Entdeckungen liegt schlicht in dem verschwindend geringen Anteil der Archäologen an der Gesamtbevölkerung – in Deutschland arbeiten vielleicht 500-1000 Menschen als Archäologen [1] - und darin, dass auch diese wenigen Archäologen in aller Regel Dringenderes zu tun haben, als neue Areale zu entdecken, was sehr zeitaufwendig ist. Die Katalogisierung der bereits entdeckten Orte, das Durchführen von Ausgrabungen in seltenen Ausnahmefällen sowie die immer umfangreicher werdende Verwaltungstätigkeit zehren das vorhandene Budget auf. Neuentdeckungen überlässt man meist den ehrenamtlichen, also kostenlosen, Mitarbeitern. Das gilt nicht nur für Länder der Dritten Welt, sondern auch z.B. für das wirtschaftlich sehr starke Bayern. Als Konsequenz dieser Mittelarmut ist der archäologische Kenntnisstand in Deutschland, gemessen an dem vorhandenen archäologischen Methodenwissen, erstaunlich gering.

Wäre den Archäologen in den letzten Jahrzehnten mit der Luftbildprospektion nicht ein sehr kostengünstiges und hocheffizientes Verfahren zur Erkennung archäologischer Strukturen an die Hand gegeben worden, so sähe das Zahlenverhältnis der Entdeckungen noch viel schlechter für die Archäologen aus. Mit Hilfe der Luftbildprospektion konnten sehr viele Verdachtsflächen identifiziert werden, seit 1980 über 30.000 alleine in Bayern [2]. Damit aus Verdachtsflächen jedoch archäologische Stätten werden, bedarf es weiterer Untersuchungen, die meist unterbleiben. Die Luftbildprospektion eignet sich zudem nur für unbewaldete, am besten landwirtschaftlich genutzte Flächen. Große Teile Deutschlands sind jedoch bewaldet. Archäologisch gesehen sind diese riesigen Flächen noch weitgehend eine Terra Incognita, denn sie entziehen sich nicht nur der Betrachtung aus der Luft, sondern auch weitgehend der geophysikalischen (Magnetometer) und visuellen Prospektion, also der Begehung. Hier sind ist die Prospektion mit der Metallsonde die einzige brauchbare Methode, schnell einen Überblick über die Historie eines Areals zu gewinnen.

In jedem Jahr werden in Deutschland durch Privatleute eine riesige Anzahl von Suchstunden mit dem Metalldetektor geleistet, viel mehr als Arbeitsstunden auf archäologischen Grabungen. Daher, und weil sie die lokalarchäologische Fachliteratur oft in- und auswendig kennen, verfügen die Sondengänger oft über ganz hervorragende, in Jahrzehnten erworbene Erkenntnisse zur lokalen Archäologie und könnten sehr zum wissenschaftlichen Fortschritt beitragen, wenn es zu einem Wissensaustausch mit der Amtsarchäologie käme. Meistens ist das nicht der Fall, weil zumindest eine Partei es nicht will. Dazu später mehr.





[1] Manfred K. H. Eggert, Prähistorische Archäologie - Konzepte und Methoden, 2001, S.360. Der Autor geht recht intensiv auf die düsteren Berufsausichten der deutschen Archäologen ein, von denen nur etwa ein Drittel 3-4 Jahre nach Studienabschluss eine fachbezogene Anstellung findet (S.362).
Die Sondengängerfrage gehört nicht zum Thema des Buches und wird nur sehr am Rande erwähnt. Danach gehört der Autor zu den Hardlinern, denen zum Thema Sondengänger hauptsächlich der Ruf nach „strengeren Gesetzen“ (S.374) einfällt, die aber gleichzeitig von der „als Wissenschaft unteilbaren Archäologie“ (S.367f) sprechen. Anscheinend wird sie teilbar, sobald sie von Privatleuten mit Metallsonde ausgeübt wird.

[2] Menschen, Zeite, Räume – Archäologie in Deutschland, 2002, S.32


(C) Thorsten Straub, www.sondengaenger-deutschland.de