Sondengänger und Aufwände nach dem Fund

Über die Suche hinaus verwenden viele Sondengänger sehr viel Zeit und Geld auf Bestimmung, Datierung, Restaurierung und Konservierung der Funde. Fachliteratur, z.T. aus dem Ausland, wird angeschafft. Datierungs- und Bestimmungsdebatten in den Internetforen sind teilweise von einer religiös zu nennenden Inbrunst gekennzeichnet. An unterschiedlichen Auffassungen zum Almgrentyp einer Fibel sind schon Freundschaften zerbrochen.

Und dann erst die Aufwände von die Restaurierung und Konservierung von Eisengegenständen… Wer da wagt die Elektrolyse vorzuschlagen, in deutschen Museen nationalen Ranges in den 1960er Jahre Standard, stellt sich gewissermaßen außerhalb der zivilisierten Gemeinschaft.

Selbstverständlich muss die originale Oberfläche mechanisch freigelegt werden, und wenn ein Knauserer kein Mikrostrahlgerät anschaffen will, denn benutzt er eben den Dremel, inklusive Eisenoxydstaublunge und GEB, den größtmöglich eingesauten Balkon. Der Haussegen hängt danach schief? Bedauerlich, gewiss, aber Frauen beruhigen sich auch wieder, während ein unbehandeltes Eisenartefakt unwiederbringlich zerfällt. Es kommt jetzt auf jeden Armbrustbolzen an!

Ist das Objekt dann endlich gereinigt, wird es nur von Stümpern sofort konserviert, von armseligen Gestalten, die aufgrund charakterlicher Mängel wohl immer den Weg des geringsten Widerstandes einschlagen. Richtige Sondengänger entsalzen erstmal, denn, wie jedes Sondengängerkind weiß, enthalten Eisenartefakte böse Chloride, die nur darauf warten in den folgenden Jahren das Artefakt und damit das Herz des Suchers zu zernagen; die also möglichst vollständig ausgewaschen werden müssen, will man die Nachkorrosion minimieren. Weicheier tun dies, indem sie das Eisenartefakt im Dampfkochtopf 24 h in destilliertem Wasser kochen, bis es sich in eine braune Brühe verwandelt hat. Kleinmütigen Argumenten der Partnerin folgend, hat man dazu wenigstens einen separaten Topf angeschafft. Hardcoresucher verschmähen diesen billigen Ausweg und wässern das Artefakt monatelang in destilliertem Wasser, das jede Woche gewechselt wird.

Danach wird das Objekt noch mal gereinigt, ehe man in die feierliche finale Phase eintritt: Die Konservierung.
Entweder wird das Artefakt solange in der Paraffinschmelze gekocht, bis das Blubbern aufhört und somit alles Wasser ausgetrieben ist. Da sich Paraffin ab ca. 300-350 Grad selbst entzündet bringt das zusätzliche Spannung in den Alltag des Sondengängers. Natürlich riecht danach die ganze Wohnung tagelang nach Kerzenwachs oder Pommesbude; Effekt auf Partnerinnen siehe oben.

Oder man nimmt mikrokristallines Wachs. Das ist in der Anwendung zivilisierter, dringt auch tiefer in feinste Kapillaren des (ehemals übrigens lieblos in 5 Minuten zusammengehämmerten) Armbrustbolzens, treibt das Wasser aber im Gegensatz zur Paraffinmethode nicht aus. Es kann im Gegenteil sogar eingeschlossen werden, was das Nachrosten fördert. Also aus Fraugründen Trockenofen anschaffen.

Nun ist es geschafft, der Armbrustbolzen ist fertig. Im strengen Sachsen klingelt es dann vielleicht an der Tür, Gruß vom LDA, Hausdurchsuchung, weil Kulturnation um 100 Jahre zurückgeworfen. Außerhalb Sachsens begleitet der neue Liebling einen tagsüber ins Büro und ruht nachts auf dem Nachttisch, bis die größte Leidenschaft verfliegt und er zu den anderen in die Vitrine darf.

Ein Armbrustbolzen hat übrigens einen Marktwert von etwa 5-10 Euro, siehe „Materieller Wert von Sondengängerfunden“ . Warum Amtsarchäologen, die von „primär finanziellen Motiven“ des Sondengängers fabulieren, aus der Sicht der Sondengänger an Realitätsverlust leiden, dürfte inzwischen klar geworden sein.

Elektrolytische Reinigung I Frühneuzeitliches Hufeisen in verschiedenen Stadien der elektrolytischen Reinigung.

Elektrolytische Reinigung II Fragmente einer napoleonischen Kanonenkugel (Granate) vor und nach der Reinigung. Getränkedose als Größenmaßstab.

Artefakte in Paraffinbad Lanzenspitze sowie 1200g Granatsplitter aus dem 2. Weltkrieg im Paraffinbad.

(C) Thorsten Straub, www.sondengaenger-deutschland.de