Sondengängerorganisationen
Die Sondengänger sind kaum organisiert. Es gab immer mal wieder Versuche, dass zu ändern, die aber letztendlich wirkungslos geblieben sind.
Erstaunlich an der Internetszene der Sondengänger ist die große Bereitschaft zur Selbstkritik, ja manchmal möchte man fast sagen Selbstzerfleischung. Jede Interessengruppe hat ihre Kritiker, aber ich kenne keine, die ihnen so viel Aufmerksamkeit widmet und so sehr um ihr Wohlwollen bemüht ist wie die deutschen, und nur die deutschen, Sondengänger. Als Einzelpersonen sind Sondengänger durchaus selbstbewusst, als Gruppe sind sie es weniger.
Sondengängerorganisationen, seien es Vereine, Foren oder eher lose Formen des Zusammenschlusses, bieten hier zumeist ein eher klägliches und untereinander sehr zerstrittenes Bild. Eine kampfstarke Interessenvertretung existiert in Deutschland nicht.
Kurioserweise begannen viele dieser Initiativen in den letzten Jahren darüber hinaus amtsarchäologischer Extrempositionen zu imitieren. So verständlich der Wunsch nach Akzeptanz oder zumindest Tolerierung durch die Amtsarchäologie ist, so wichtig es ist diplomatisch auf Gemeinsamkeiten hinzuweisen, so sicher ist das der falsche Weg, weil sich die Sondengänger selber achselzuckend abwenden werden bzw. das schon getan haben. Dazu später mehr.
Bevor nun die einzelnen Sondengängerorganisationen, teilweise mit kritischen Anmerkungen, vorgestellt werden, muss eines hervorgehoben und ausdrücklich gewürdigt werden: für alle Initiativen für Sondengänger, seien es Foren, Vereinigungen oder Magazine, gilt, dass sie unentgeldlich aus Enthusiasmus an der Sache betrieben werden. Dies ist oft undankbar und nervenaufreibend. Das Hobby der Sondengänger verdankt den hier Tätigen sehr viel.
DIGS
Anfang 2005 wurde der Gedanke geboren, eine Interessenvertretung der Sondengänger ins Leben zu rufen. Dieser Gedanke war nicht neu, ähnliche Versuche gab es schon früher. Diese blieben wirkungslos.
Schon in der Frage, ob die deutschen Sondengänger überhaupt eine Interessenvertretung gründen sollten, herrschte Uneinigkeit. Dafür sprach z.B., dass Lobbyarbeit (und nicht das Überzeugen der Archäologen!) in England zu einer Neuregelung der Gesetze führte, die für die Sondengänger vorteilhaft war. Lobbyarbeit setzt nun mal eine Interessenvertretung voraus.
Ebenso wird die einseitig negative Berichterstattung in den Medien von den Journalisten zum Teil damit begründet, dass man nicht gewusst habe, wie man denn mit den Sondengängern in Kontakt hätte treten können. Auch hier wäre eine bekannte Interessenvertretung hilfreich.
Andererseits wurde die Gesamtlage der deutschen Sondengänger nicht als schlecht empfunden (angesichts von Rechtslage und Fundmöglichkeiten ist sie ist im internationalen Vergleich im Gegenteil sogar sehr gut) und man fragte sich, ob eine Vereinigung und offizielle Lobbyarbeit nicht am Ende mehr Reglementierungen als Vorteile bringen würden.
Dennoch wurde DIGS (Deutsche Interessenvertretung für Sondengänger, www.digs-online.de) Anfang 2005 von einigen enthusiastischen Personen gegründet. DIGS ist kein Verein, sondern eine eher lose Verbindung. Die Ziele wurden eher vage kommuniziert, man kann es vielleicht als „allgemeine Lobbyarbeit“ bezeichnen. Am Anfang brachten die Sondengänger DIGS viel Neugierde entgegen, die jedoch bald wieder abebbte.
Das Wichtigste für die Akzeptanz einer Interessenvertretung ist, die Interessen der Zielgruppe auch tatsächlich zu vertreten, d.h. ihnen Vorteile zu verschaffen. Eine banale Feststellung, die von DIGS aber nur unzureichend beachtet wurde und wird. Ein Sondengänger, der die Website von DIGS besucht oder sich sonst wie über DIGS informiert, hat vor allem die Frage, inwiefern er davon profitiert, sich dieser Vereinigung anzuschließen. Dieser Nutzen muss groß auf der ersten Seite herausgestellt werden. Das tat DIGS jedoch nicht, zumindest aus der Sicht der Außenwahrnehmung nicht annähernd genügend. Auch ich könnte lediglich nennen, dass Anfängern der Weg zu ihrer ersten Suchgenehmigung geebnet wird.
Vielmehr schien sich DIGS der Unterstützung der Masse der Sondengänger sicher zu sein und seine Priorität von Anfang an im Gewinnen der Akzeptanz der Amtsarchäologie zu sehen. Dieser Punkt ist nicht unwichtig, aber sekundär. Seine überstarke Betonung führte dazu, dass unter den Sondengängern noch größere Zweifel an der Nützlichkeit von DIGS entstanden. Tatsächlich schien DIGS oft mehr die Interessen der Amtsarchäologie als die der Sondengeher zu vertreten. Dafür folgen noch Beispiele, z.B. Zitate von DIGS Funktionären aus dem Jahr 2007. Nun „lebt“ eine Interessenvertretung von der Unterstützung durch ihre Zielgruppe, nicht vom Wohlwollen ihrer Kritiker oder Gegenspieler. In Konsequenz blieb DIGS eine Interessenvertretung ohne Anhängerschaft in ausreichender Größe, eine kleine Gruppe von Einzelpersonen ohne Mandat.
Auch seitens der Amtsarchäologie gab es angesichts der o.g. Situation wenig Gründe DIGS sehr ernst zu nehmen. Das wird sie nur tun und evtl. in Verhandlungen eintreten, wenn sie erwarten darf, durch Abschlüsse mit DIGS das Verhalten einer relevanten Gruppe von Sondengängern im Sinne der Amtsarchäologie zu verändern. Das ist derzeit nicht der Fall. Zu diesem Eindruck hat die Entscheidung der DIGS Macher beigetragen, DIGS nicht als Verein zu gestalten. Sie werden dafür sicher ihre Gründe gehabt haben, aber so wusste niemand, wen DIGS denn nun konkret vertritt. Oder für welche Ziele es steht. Die Angaben auf der Website sind eher allgemein. Immerhin hat man nach geraumer Zeit die Realnamen und Adressen der Hauptfunktionäre auf der DIGS Website nachgetragen.
Wer also wissen will, wofür DIGS programmatisch steht, verfolgt notgedrungen die Äußerungen der DIGS Funktionäre in den Foren. DIGS bestand und besteht im harten Kern aus 2-3 Personen.
Es geht auf dieser Website nicht um Einzelpersonen oder Tagesaktualität, sondern um Institutionen und die großen Linien. Da der Kern von DIGS aber so klein ist, muss ich nun zwangsläufig doch auf die beiden für die Außenwahrnehmung wichtigsten Personen eingehen, deren Forennamen Entetrente und Loenne lauten. Ihre Realnamen sind auf der DIGS Website aufgeführt.
Entetrente übernahm die Rolle des Moderators und Diplomaten, der stets bemüht ist Differenzen zu überbrücken und auf Gemeinsamkeiten hinzuweisen. In Anbetracht des gespannten Verhältnisses zwischen Amtsarchäologen und Sondengängern eine sehr wichtige Aufgabe, die er sehr gut ausfüllte.
Loenne schrieb vermutlich mehr Zeilen bezüglich der Sondengängerfrage als irgendjemand sonst in den Internetforen und wurde so gewissermaßen zu einem programmatischen Aushängeschild von DIGS. Wer wissen wollte, wofür DIGS steht, las Loennes Äußerungen. Diese jedoch machten und machen den Eindruck, dass Loenne, der dem LDA Schleswig-Holstein eng verbunden ist, vor allem die Wahrung der Interessen dieses LDA am Herzen liegt und nicht die der Sondengänger, wie ich leider immer wieder feststellen musste.
Nur ein Beispielen von sehr vielen: als z.B. in einem Forum ein Sondengänger aus Bayern darüber klagte, dass er in einem Wald Kampfmittel gefunden, dem Kampfmittelräumdienst gemeldet und in Folge von einem LDA einen Bußgeldbescheid wegen unerlaubten Sondengehens erhalten habe, kommentierte Loenne das dahingehend, dass derjenige, der im Wald suche, doch selber schuld sei.
Das Denkmalschutzgesetz Bayerns erwähnt nun mit keinem Wort, dass das Suchen im Wald verboten sei. Die Amtsarchäologen sehen es lediglich besonders ungern, da im Wald der Pflug nicht garantiert alle oberflächennahen Strukturen zerstört hat. Selbst ein Mitarbeiter des LDA Bayern, von mir darauf angesprochen, konnte kaum glauben, dass ein Bußgeldbescheid in so einer Situation ausgestellt wurde.
Eine Stichprobe weiterer Aussagen gibt es weiter unten im Abschnitt „political correctness“. Insgesamt ist das Fazit aus Loennes öffentlichen und nichtöffentlichen Äußerungen über Jahre hinweg, dass man anstatt mit ihm genauso gut mit einem Mitarbeiter eines LDA diskutieren kann. So ungern ich das feststelle: wie sich so jemand als Interessenvertreter der Sondengänger im allgemeinen sehen kann, ist mir unverständlich. Das gleiche gilt für DIGS, da sie durch Loenne repräsentiert wird.
Als Sondengänger ist Loenne selber kaum in Erscheinung getreten. Ich kann mich nicht erinnern, dass er jemals eigene Funde präsentiert hat, die über das hinausgehen, was man auf jedem Acker findet. Ein DIGS Mitarbeiter muss keine tollen Funde gemacht haben, sollte jedoch mit der Welt der Sondengänger vertraut sein. Er sollte insbesondere wissen, dass Sucherfolge i.d.R. sehr hart erarbeitet werden müssen und nicht einfach verschenkt werden können. Außenstehende fordern gern, dass historische Funde der „Allgemeinheit“ (gemeint sind die amtsarchäologischen Institutionen) gehören müssen, aber diese Dinge zu finden erfordert Anstrengungen, die der „Allgemeinheit“ schlicht zu viel sind. Der Sondengänger erträgt für eine meist deprimierende Fundausbeute Zeckenbisse, läuft im sommerlichen Wald mit dem Gesicht durch zig unsichtbare Spinnennetze und verbringt hunderte oder tausende Stunden bei der einsamen Suche – von der Allgemeinheit ist dabei weit und breit nichts zu sehen. Die sitzt derweil am Badestrand oder vor dem Fernseher. Wenn er dann tatsächlich mal was findet, so hat er sich die Funde – zumindest moralisch – auch verdient und will sie natürlich behalten. Für Loenne sind das „Leute mit monetären Gewinnabsichten“ (siehe unten).
Das geschichtliche Engagement von Loenne steht hingegen außer Frage. Neben seiner Aktivitäten beim LDA Schleswig-Holstein betreibt er eine eigene Website über Scheibenknöpfe, bei der die Leser die Möglichkeit haben, gefundene Knöpfe zu melden und sich die Fundstatistik anzusehen. Das ist ausgesprochen originell. Mir ist weltweit keine zweite private Website bekannt, die so etwas zum Inhalt hat. Wissenschaftlich sind die Resultate leider nicht relevant, weil die Stichproben zu wenig und zu grob sind um irgendwelche Schlüsse zu ziehen, zumal neuzeitliche Funde vergleichsweise sehr häufig sind. Auch werden die Funde nicht datiert.
Loenne steht dem LDA Schleswig-Holstein nahe und berichtete auf der DIGS Website von Untersuchungen von z.B. Haitabu.
Zusammengefasst steht Loenne in der Außenwahrnehmung für fröhliches Nichtsfinden auf archäologisch sehr hochkarätigen Arealen als Gehilfe der Denkmalschutzbehörden, nicht für unabhängige, wenn auch verantwortungsbewusste Sondengeherei. Ich kann mir diesen DIGS Funktionär sehr gut als ehrenamtlichen Mitarbeiter des LDA Schleswig-Holstein vorstellen, als Vertreter der Interessen der Sondengänger erscheint er mir weniger geeignet. Eine Tätigkeit für das LDA entspricht offenbar eher seinen Interessen und Prioritäten.
Fazit: Meiner Meinung nach wäre es zu früh, DIGS als gescheitert zu betrachten. In ihrer augenblicklichen Positionierung ist die Gruppe jedoch für weite Sondengängerkreise unattraktiv und wird folglich ohne Mandat und wirkungslos bleiben. In Anbetracht der Mühen, die sich die Beteiligten zweifellos über Monate und Jahre hinweg gegeben haben, ist das sehr bedauerlich.
IG Phoenix Rhein-Main
Im Laufe der Jahre machte diese hessische Sondengängerorganisation immer mal wieder von sich reden. Ihre Webadresse lautet www.phoenixrheinmain.de. IG Phoenix bot Seminare für Sondengänger an, die eine Genehmigung beantragen wollten. Nun war so ein Seminar formaljuristisch keine Pflicht für die Erteilung der Genehmigung, aber wenn es half einen Modus Vivendi zwischen Sondengängern und Denkmalschutzbehörden zu bilden, so war es eine gute Sache.
Für Aufsehen innerhalb der Sondengängerszene sorgte z.B. eine TV Sendung für das Frühstücksfernsehen etwa aus dem Jahr 2004, in der Sondengänger der IG Phoenix, befragt von einem Reporter, im Wald mit ihren Sonden suchten. Ebenfalls anwesend war eine Vertreterin des LDA Hessen, die Fragen des Reporters zum Thema Genehmigungen beantwortete. Insofern kann man vom ersten gemeinsamen Auftritt von Sondengängern und Denkmalschützern in der deutschen Fernsehgeschichte sprechen, wenn beide Parteien auch demonstrativ nicht zusammenstanden, sondern 10 m voneinander entfernt Aufstellung nahmen, und der Reporter mal die eine, mal die andere besuchte.
VDSH e.V.
Verband Deutscher Sondengänger und Heimatforscher (VDSH).
Der Verein existiert erst seit 2006. Zu den dahinter stehenden Personen ist wenig bekannt, obwohl ich vermute, dass Walter Franke, der ehemals bei der IG Phoenix (siehe oben) federführend tätig war, dazu gehört. Das Impressum nennt nur einen bayerischen Anwalt. Die auf der Website publizierten Ziele sind vernünftig, ansonsten ist der Verein noch ein unbeschriebenes Blatt.
Political correctness
Verkehrte Welt: sowohl von der Sondengängervereinigung DIGS als auch von Moderatoren des zur Zeit wichtigsten deutschen Sondengängerforums erschienen in 2007 Stellungnahmen, die man noch vor zwei Jahren eher mit einem aufgehetzten Archäologieerstsemestler bei archaeologie-online oder Tempus Vivit (siehe Internetszene ) als mit Vertretern von Institutionen der Sondengänger selbst in Verbindung gebracht hätte. Es kann nur vermutet werden, dass hier Sachzwänge eine große Rolle spielten.
Wie sonst soll man die öffentliche Aussage eines Funktionärs der Sondengängerorganisation DIGS bewerten, dass die Himmelscheibe keinen materiellen Wert habe? Und die Andeutung, dass das Schatzregal prinzipiell eine sinnvolle Einrichtung sei und dass Sucher, die das Schatzregal ablehnen, vorwiegend aus materiellen Gründen suchten?
Und dass der Administrator des größten deutschen Sondengeherforums mit der ebenfalls öffentlich vorgebrachten Meinung überrascht, dass der Sondengänger sein Hobby gegenüber der Amtsarchäologie zu rechtfertigen habe, dass das Ausgraben der Himmelscheibe „schlimm“ war und dass der anschließende Verkauf der Himmelscheibe einen „Supergau“ für das Hobby der Sondengänger darstelle?
Beispiele mit Quellenangabe dafür folgen. Es geht hier wohlgemerkt nicht um einzelne Äußerungen von Privatleuten, sondern um öffentliche Stellungnahmen von Funktionären von Sondengängerinstitutionen, also um Teile der öffentlichen Diskussion. Die nacholgend zitierten Äußerungen stehen stellvertretend für viele im gleichen Tenor.
Immer wieder habe ich bei der Lektüre von Aussagen von Funktionären von sucherforum.de oder DIGS den Eindruck, einen Lehrer zu hören, der eine unbotmäßige Klasse zusammenstaucht. Nur dass die Klasse eben die Sondengänger sind, um deren Interessen sie eigentlich bemüht sein sollten. Und das tut man, bei allem Verständnis für diplomatische Bemühungen, sicher nicht, wenn man sich ausgerechnet die weltfremdesten Positionen der deutschen Amtsarchäologie zu eigen macht. Es kann nur vermutet werden, dass diese Äußerungen auf den Beifall von Lesern in den Kreisen der LDAs zielen.
Meiner Meinung nach ist diese übertriebene political correctness wenig geeignet, DIGS bzw. die Leitung des betroffenen Forums in den Augen der Sondengänger als Vertretung ihrer Interessen erscheinen zu lassen.
So äußerte sich der Administrator Ruebezahl, der auch der Sondengeherorganisation DIGS (siehe oben) nahesteht, in Bezug auf das Sondengängerhobby im Sucherforum:
„Fundmeldung allein ist nicht genug unser Hobby zu rechtfertigen. “ [1]
Mir war bis dahin nicht bekannt, dass der Sondengänger sein Hobby rechtfertigen muss.
Und der Moderator Lojoer schreibt zum Thema „Genehmigungspraxis in Bayern“, sich an einen anderen User wendend:
"Deine bisherige Meinung, dass man - ausgenommen BDs - überall mit Genehmigung des Grundstückseigentümers suchen darf, war allerdings falsch. Überall wo die Möglichkeit besteht auf ein bewegliches Bodendenkmal zu stoßen, benötigt man so eine Genehmigung und dass im Prinzip eigendlich überall. ": [2]
Das ist nichts weiter als eine Extreminterpretation der vagen Rechtslage, wie sie sonst nur von Denkmalschutzbehörden angeführt wird, siehe „Rechtslage“. Hörte man solche Ansichten vor Jahren nur von Archäologie-Hardlinern, so äußert sich mittlerweile also auch ein Moderator des bedeutendsten deutschen Sondengängerforums so.
Die Sondengängerorganisationen (Foren, Vereine, etc) sind untereinander sehr zerstritten und somit nur bedingt in der Lage, das Bild der deutschen Sondengänger in der Öffentlichkeit zu beeinflussen. Man ist damit ausgelastet aufeinander herumzuhacken. Zumindest dann, wenn keine äußere Bedrohung in Sicht ist. Da das letzte „Dazwischenschlagen“ eines LDA Ende 2005 war, siehe „Der Fall Sachsen“, ist die Erinnerung daran anscheinend schon wieder verblasst. Zum Glück ist das Image der Sondengänger außerhalb der Amtsarchäologie auch ohne wirkungsvolle PR durchaus positiv.
Diese Zerstrittenheit wird zuweilen auch öffentlich sichtbar. Als ein Beispiel für viele sei folgender Thread aus dem März 2007 erwähnt, der sowohl die Zerstrittenheit als auch den unbedingten Willen zur political correctness, auf einige wenige Beiträge konzentriert, aufzeigt. Er nimmt zusammengefasst folgenden Verlauf:
Ein User namens Belenos, der der Sondengängerorganisation IG Phoenix und dem Verband Deutscher Sondengänger und Heimatforscher (VDSH) nahesteht, schlägt vor, durch einen Brief an Kulturstaatsminister Neumann den politischen Meinungsbildungsprozess zu beeinflussen. Es geht um die angebliche Initiative der Amtsarchäologie, das Schatzregal in den Schatzfundparagraphen §984 BGB zu integrieren. So einen Brief zu schicken ist eine normale Vorgehensweise in der Lobbyarbeit und auch der Inhalt des Briefes ist, soweit öffentlich bekannt, legitim [4].
Belenos macht diesen Vorschlag bei sucherforum.de [3], dessen Funktionäre sich dadurch herausgefordert fühlen.
Ruebezahl, der Administrator von sucherforum.de, und Funktionär von DIGS („offizieller Ansprechpartner“) wirft Belenos daraufhin (März 23, 2007, 17:38:47) „Demagogie in schlimmster Form“ vor. Ich habe mir den Brief von Belenos mehrfach durchgelesen und weiß nicht, was Ruebezahl damit meint. Diese meine Website wird bei Ruebezahl, so fürchte ich, nicht gut ankommen.
Ruebezahl schreibt weiterhin von der „Kommerzorientierung“ des VDSH. Mir ist keine Aussage des VDSH bekannt, die diese Bewertung zulässt. Jeder normale Sondengänger lehnt das Schatzregal ab, dafür muss man nicht „kommerzorientiert“ sein. "Kommerzorientierte" Sondengänger sind ohnehin ein Gräuelmärchen der Denkmalschutzbehörden, siehe Materieller Wert von Sondengängerfunden.
In einem späteren Beitrag (März 23, 2007, 20:09:05) schreibt Ruebezahl „Die Bemühungen mit dem Schatzregal haben wir als "Spätfolge" der Himmelsscheibenaktion anzusehen. Das "Ausbuddeln" an sich war schon schlimm. Der Supergau für unser Hobby war aber die anschließende Dealerei mit dem Stück. Solchem Treiben möchte man für künftige Fälle einen rechtlichen Riegel vorschieben.“
Ich finde: Die Himmelscheibe war ein Jahrtausendfund, der ohne Sondengänger nicht (nach menschlichem Ermessen sogar nie) gemacht worden wäre. Das „Ausbuddeln“ war die größte Fundleistung, die ein Sondengänger jemals in Deutschland erbracht hat. 100 Jahre Amtsarchäologie brachten nichts Vergleichbares hervor. Es regnete nach dem Bekanntwerden des Fundes dermaßen viele Vorteile auf die Amtsarchäologie (Budget, Anerkennung, nationale und internationale Aufmerksamkeit), dass sich jeder Leiter eines LDA zumindest im Stillen wünschen wird, so ein Fund würde auch aus seinem Gebiet bekannt, fehlende Suchgenehmigung, Verkaufsversuche und beschädigte Befunde hin oder her.
Die „Dealerei“ war zwar illegal, angesichts der weltfremden Rechtslage (ersatzlose Fundkonfiszierung) aber nicht überraschend. Das mit dem „Riegel vorschieben“ ist sachlich falsch, da die Neuregelung des §984 BGB die rechtliche Bewertung der Fundverheimlichung der Himmelscheibe nicht ändern würde. Sie war auch so schon illegal.
Ob das Schatzregal nur im Denkmalschutzgesetz verankert ist, oder zusätzlich auch im BGB, macht in den Schatzregalländern schon rechtlich keinen Unterschied, praktisch erst recht nicht. Im übrigen würde die Einführung des Schatzregals in das BGB und damit in Gesamtdeutschland nur bewirken, dass Funde überall nicht mehr gemeldet werden. Sie würde nur den Fundmeldungen einen Riegel vorschieben.
Loenne, DIGS-Funktionär und geradezu programmatisches Aushängeschild von DIGS, schreibt (März 24, 2007, 17:50:14):
„Die Himmelsscheibe ist gar nichts wert (bis auf den Metallwert)!... Leute mit monetären Gewinnabsichten bei der Suche nach Kulturdenkmalen, sind genau die Typen, die uns das Leben schwer machen und uns in den Augen der Bevölkerung erst zu Raubgräbern gemacht haben.
Und mit Deinem Schatzregalabschaffungsmist gießt Du noch ordentlich Öl ins Feuer.
Alle Sondengänger, denen in Zukunft Genehmigungen verweigert werden, weil die einzelnen Bundesländer keinen Bock auf gewinnorientierte Sucher haben,“
Ich meine: Es ist schwer verständlich, wenn jemand mit solchen Ansichten („Schatzregalabschaffungsmist„) Funktionär einer Vereinigung ist, die sich als Interessenvertretung der Sondengänger versteht. In den Augen der Bevölkerung sind Sondengänger keine Raubgräber, sondern Leute mit einem interessanten und anspruchsvollen Hobby. Vielleicht verwechselt Loenne die Bevölkerung mit den Amtsarchäologen. Und was die Himmelsscheibe betrifft kommen hier nun...
Einige (banale) Fakten
- Die Himmelsscheibe hat einen sehr relevanten materiellen Wert. Bei einem - rein hypothetischen - Verkauf durch das Land Sachsen-Anhalt würden Sammler für dieses weltweit bekannte Unikat mindestens 7 stellige Dollarsummen zahlen.
- Es gehört zur Lebensrealität, dass ungewöhnlich seltene Artefakte auch einen materiellen Wert haben.
- Ein Sucher hat noch lange nicht „monetäre Gewinnabsichten“ hat, wenn er das Schatzregal ablehnt oder seltene Funde behalten will. Oder die obigen Fakten ausspricht.
- Das Schatzregal verhindert Fundmeldungen von Privatsuchern in der Praxis geradezu. Seine Abschaffung wird auch von einigen hellsichtigen Archäologen befürwortet.
Man muss kein Insider sein um diese Dinge zu wissen und sie werden auch DIGS bzw. Loenne und den LDAs bekannt sein. Dass trotzdem solche Äußerungen erfolgen, zeigt, wie bestrebt man bei DIGS ist, nur ja nicht irgendwas zu sagen, was eventuell irgendwann irgendeinem Dogmatiker in irgendeinem LDA missfallen könnte. Es wäre vielleicht besser, wenn diejenigen, die unbedingt für ein LDA arbeiten wollen, es auch offiziell tun und DIGS verlassen um Interessenkonflikte von vorneherein zu vermeiden.
Loenne fügt später hinzu (März 25, 2007, 13:25:12) "
Je mehr ich so was lese, desto mehr verstehe ich viele Archäologen, die eine Zusammenarbeit mit Sondengängern grundsätzlich ablehnen."
Ich meine: Je mehr ich solche Aussagen lese, desto mehr verstehe ich die Sondengänger, die in DIGS keine attraktive Interessenvertretung sehen. Aber vielleicht ist es für DIGS noch Zeit, sich durch personelle Erneuerung gleichsam wie Phönix aus der Asche zu erheben und die Zukunft der deutschen Sondengänger mitzugestalten. Vorausgesetzt, man findet Mitstreiter, die kompetent sind, die den Zeitaufwand nicht scheuen und denen - vor allen anderen Dingen - die Interessen, die Rechte und die Freiheit der Sondengänger am Herzen liegen.
Quellen
[1] http://www.sucherforum.de/smf/index.php/topic,25588.0.html
Beitrag vom Juli 26, 2007, 07:38:29
[2] http://www.sucherforum.de/smf/index.php/topic,25120.0.html
Juni 21, 2007, 20:09:55
[3] http://www.sucherforum.de/smf/index.php/topic,23594.0.html
[4] http://www.vdsh-ev.de/2007/03/19/brief-an-den-kulturstaatsminister-neumann/
(C) Thorsten Straub, www.sondengaenger-deutschland.de