Sondengänger mit Metalldetektor
Sondengänger sind Leute, die mit dem Metalldetektor nach zumeist historisch interessanten Gegenständen suchen. Wie so eine Suche abläuft, kann man im Kapitel „Die Suche mit dem Metalldetektor“ nachlesen. Einige suchen auch an Badestränden etc. nach verlorenen Gegenständen wie Münzen. Um die geht es hier nicht.
Von den Amtarchäologen werden sie, oder Teilgruppen von ihnen, oft "Raubgräber" genannt, wobei der Begriff nicht klar definiert ist. Siehe Glossar.
Die neutrale Bezeichnung „Sondengänger“ benennt nur das eingesetzte Suchwerkzeug, sagt aber nichts darüber aus, für was für eine Art von Suche es verwendet wird. Tatsächlich ist die Gruppe der Sondengänger extrem heterogen. Sie kommen aus allen Schichten der Bevölkerung. Sie eint die Freude am Finden, am Entdecken, an der Geschichte, sind aber sonst höchst unterschiedlich und ihrem Wesen nach Individualisten.
Der Bildungshintergrund der Sondengänger ist höchst unterschiedlich. Hochschulabsolventen finden sich ebenso darunter wie Leute, die das korrekte Formulieren einfachster deutscher Sätze vor unüberwindliche Schwierigkeiten stellt, wie man in den einschlägigen Internetforen nachlesen kann. Einige sehen sogar noch in Wünschelruten eine alternative Ortungstechnik und beweisen so, dass 250 Jahre Aufklärung spurlos an ihnen vorübergegangen sind. Die allermeisten jedoch leben im hier und jetzt und kennen ihr Suchrevier, ihren Metalldetektor, die Fachliteratur und ihre Funde sehr gut. In langen Suchjahren haben sie sich zu Spezialisten der historischen Spurensuche in ihrem Revier ausgebildet. Dieses ist meist erheblich kleiner als die Zuständigkeitsgebiete der Berufsarchäologen, so dass es den Privatsuchern leichter fällt, jedes Detail zu kennen.
Seitens der Denkmalschutzbehörden werden die Sondengänger gerne in einem möglichst ungünstigen Licht hingestellt. Bei jeder Aussage der Amtsarchäologie sollte man sich bewusst sein, dass diese ein Interesse daran hat, die Sondengänger zu diskreditieren. Und möglichst nichts ungeprüft akzeptieren.
So wird oft behauptet, Sondengänger würden der archäologischen Forschung schaden. Tatsächlich sind diese Schäden minimal. Die deutsche Denkmalpflege hat ganz andere Probleme. Siehe dazu „Archäologischer Schaden und Nutzen durch Sondengänger“.
Motive
Unterscheidet man die Sondengänger nach ihren Motiven, so gibt es verschiedene Gruppen. Da ist zunächst die Gruppe der Amateurarchäologen, die mittels der Detektorprospektion herausfinden wollen, was sich in einem Areal mal ereignet hat. Ähnlich wie kriminalistische Tatortermittler sichern sie Beweise, kartieren sie und versuchen, aus der Lage der Fundstücke Rückschlüsse zu ziehen. Zu dieser Gruppe gehöre auch ich. Der Anteil der Amateurforscher an der Gesamtgruppe der Sondengänger ist leider sehr gering, vielleicht einige Prozent. Für weitere Details zum Ablauf siehe „Amateurarchäologen mit Metalldetektor“ .
Privatforscher werden von der Amtsarchäologie meist abgelehnt. Offiziell wird das mit möglichen Schäden begründet, tatsächlich scheint aber die Furcht, das andere etwas entdecken und den "akademischen Ruhm" ernten könnten, eine mindestens ebenso große Rolle zu spielen. Aus der Sicht der Amtsarchäologie sind archäologische Entdeckungen ihr Hoheitsbereich und sie wollen keine "Wilderer", allenfalls kostenlose Gehilfen. Es scheint ihnen lieber zu sein, etwas bleibt unentdeckt als dass es jemand außerhalb ihres Kreises findet. So wird die Rolle von Privatleuten bei Entdeckungen gegenüber den Medienvertretern heruntergespielt oder totgeschwiegen [5], so wie Schäden übertrieben dargestellt werden. Liest man die amtsarchäologische Fachliteratur, so gewinnt man den sachlich falschen Eindruck, dass Privatleute für den archäologischen Erkenntnisfortschritt in Deutschland keine Rolle spielen, von Zufallsfunden von Spaziergängern abgesehen. Glücklicherweise bringen manche, die in langjähriger Forschungsarbeit etwas Ungewöhnliches entdeckt haben, auch die Energie auf, sich einen Verlag zu suchen und die Geschichte ihrer Entdeckung zu publizieren [6].
Ablehnung von Privatforschern durch Berufsarchäologen ist kein auf Sondengänger begrenztes Phänomen. Vielmehr kann ein Privatforscher so umsichtig vorgehen, so erfolgreich sein, sogar selber so viele Archäologen beschäftigen wie er nur will, er wird immer von den Berufsarchäologen unter fadenscheinigen Vorwänden kritisiert werden. Selbst der wohl bekannteste Privatforscher weltweit, Franck Goddio, dessen jüngster Coup spektakuläre Entdeckungen im versunkenen Alexandria [7] war, wird von Berufsarchäologen nach wie vor als "Schatzsucher" kritisiert. Da muss sich kein Privatforscher grämen, wenn er ebenfalls nicht akzeptiert wird.
Der weitaus größte Teil der Sondengänger besteht aus „Spaßsuchern“ und sucht eher gelegentlich, aus „Spaß an der Freud“. Auch er sucht nicht primär aus finanziellen Interessen, er will niemanden schaden, er will keinen Aufwand mit Genehmigungen (und sieht angesichts einer gelegentlichen wertlosen Gammelmünze auch keine Veranlassung eine zu beantragen) und er erstellt auch keine Fundkarten. Er will gelegentlich für ein paar Stunden an die frische Luft, erfreut sich an kleinen Entdeckungen und dem Kitzel der Jagd und hat darüber hinaus keine weiteren Ambitionen.
Das zentrale Motiv der meisten Sucher ist die Freude an der historischen Entdeckung und an der Suche an sich. Das Suchen ist ein Urtrieb des Menschen, sei es nach Nahrungsmitteln oder nach Erkenntnissen. Der Gedanke, dass an dem unscheinbaren Ort, den man aufgrund theoretischer Überlegung zur Suche ausgewählt hat, „früher mal etwas war“ und dass man nun als erster Mensch herausfinden wird, ob das stimmt, hat für den Sucher etwas Erhebendes. Und wenn man dann einen Fund macht, der die Vermutung bestätigt und das Geschichtsrätsel löst, so ist das ein unbeschreibliches Gefühl. Der Fund selber kann dabei so unscheinbar und materiell wertlos wie eine Musketenkugel sein (und ist es meist auch), aber er ist der gesuchte Sachbeweis und das zählt. Man hat sein eigenes kleines Troja entdeckt.
Beide Gruppen suchen nicht aus primär finanziellen Interesse, obwohl sie, wenn sie ausnahmsweise mal etwas Außergewöhnliches finden, es auch behalten wollen.
Der in der Gräuelpropaganda der Denkmalsämter vorkommende Sucher aus primär finanziellen Motiven existiert fast nur in deren Fantasie. Diese Mär dient dazu, die unerwünschten Sondengänger, gegen die man leider wenig ausrichten kann, zu diskreditieren.
Zwar gibt es Sodengänger die Funde z.B. bei Ebay verkaufen. Dennoch sucht der Sondengänger im allgemeinen genauso wenig um kostengünstig an Artefakte zu kommen, wie ein Sportfischer angelt um kostengünstig Fisch zu erlangen oder ein Jäger um des billigen Wildbrets wegen jagd. Sobald man den Zeitaufwand einrechnet, lohnt sich die Sache finanziell nicht und darauf kommt es den Leuten auch nicht an.
Siehe dazu „Materieller Wert von Sondengängerfunden“ und "Finanzielle Erwägungen".
Suchspule, Grabwerkzeug und einige Funde Hufeisen ca. 500 Jahre alt; römische Glocke ca. 2000 Jahre alt; abgefeuerte Hülse und Projektil des schweren amerikanischen MG cal. 50, 2. Weltkrieg
Funde
Die Funde von Sondengängern sind in der Regel eher bescheiden. Anfangs sind es korrodierte Münzen des 19. und 20. Jhd., Patronenhülsen von Jägern und aus dem 2. Weltkrieg, im Wald ein Hufeisen. Dazu kommt der übliche Unrat wie Kronenkorken oder Ziehlaschen von Getränkedosen. Alles dies gehört zum Alltag auch erfahrener Sondengänger. Anfänger finden zuerst nichts anderes. Wer das bezweifelt, kann ja mal selber suchen gehen.
Mit zunehmender Erfahrung werden die Funde seltener und besser, bleiben aber materiell immer noch weitgehend wertlos. Messer aus früheren Jahrhunderten, Reitersporen, ältere Münzen, ein Armbrustbolzen oder ein verrotteter Karabiner aus dem 2. Weltkrieg.. Die Sucher spezialisieren sich je nach Neigung, aber auch nach dem, was ihr lokales Umfeld zu bieten hat. Auf diesem Niveau bleiben die Funde der meisten Sucher dann auch.
Die meisten Sucher wären froh, wenn sie einmal im Leben ein bronzezeitliches Beil fänden, ein Artefakt, das man für ca. 200 Euro kaufen kann. (Siehe „Materieller Wert von Sondengängerfunden“ ). Es stimmt, dass die Wohnungen erfahrene Sucher teilweise aussehen wie kleine Museen und das Qualitätsniveau der Artefakte an Heimatmuseen heranreicht, bei Ausnahmestücken auch an Museen nationalen Ranges. Aber diese Leute suchen dann meist auch schon seit 20 oder noch mehr Jahren. Diese Funde sind das Destillat unzähliger Suchtage, vielleicht die besten 0.01% der Funde.
Toller Fund, was nun?
Funde, die es bis in die Tagespresse schaffen, sind absolute Ausnahmen. Wer solche Funde macht, sucht meist seit zahllosen Jahren ohne nennenswerten Erfolg und ist dann völlig überrascht und kurzfristig euphorisch. Die natürliche, menschliche Reaktion ist, sofort alles Ortbare auszugraben, um sich diesen Fund auch zu sichern. Tatsächlich machen Sucher nach einem solchen Fund im wahrsten Sinne des Wortes kein Auge mehr zu, ehe der Fund nicht aus der Erde und somit die Gefahr gebannt ist, ihn durch andere Sucher oder andere Einflüsse zu verlieren. Gräbt der Finder den Fund aus und meldet er ihn den Behörden, so hat er hinterher mit der Kritik zu rechnen den sog. Fundzusammenhang zerstört zu haben. Gräbt er aber nicht, so muss er z.B. in Bayern damit rechnen, dass ihm das BLFD Eigentumsansprüche mit der Begründung abspricht, dass er nicht gegraben habe, und in Folge also mit der Notwendigkeit eines Rechtsstreites zur Durchsetzung der eigenen Interessen [3]
Sollte ein Sucher doch mal etwas Außergewöhnliches finden, dann will er es natürlich behalten. Für die Denkmalschutzbehörden und der Amtsarchäologie nahestehende, von der Praxis des Sondengehens keine Ahnung habende Personen sind das dann „Sucher aus Geldgier“. Wenn jemand beim Unkraut jäten einen Schatz findet, wird der den auch behalten wollen. Dennoch käme niemand auf die Idee ihm vorzuwerfen, er hätte nur aus Geldgier Unkraut gejätet. Es stimmt, dass niemand beim Unkraut jäten auf das Finden eines Schatzes spekuliert, aber, und das ist für Außenstehende schwer zu verstehen, der Sondengänger auch nicht. Materiell sehr wertvolle Funde sind eine extreme Ausnahme.
Solche Funde finden vielleicht einmal im Leben statt. Den Fund zu verkaufen ist meist nicht beliebt, weil Sucher eine enge emotionale Bindung zu ihren Funden haben. Diesen ideellen Wert bezahlt kein Käufer.
Rechtlich gesehen muss ein Sucher historisch relevante Funde den Denkmalschutzbehörden anzeigen, sonst begeht er eine Ordnungswidrigkeit. Die Eigentumsrechte liegen in Bundesländern ohne Schatzregal zu 50% beim Finder und zu 50% beim Grundeigentümer. In Bundesländern mit Schatzregal liegen sie zu 100% beim Bundesland. Aus der Sicht des Suchers wird dort der Fund also ersatzlos konfisziert. Meldet er dem Grundeigentümer bzw. dem Bundesland den Fund nicht, so macht er sich einer Straftat schuldig, einer Art Unterschlagung. Näheres siehe unter Rechtslage der Sondengänger in Deutschland.
Aus der Sicht des Finders sieht eine Abwägung der Vor- und Nachteile also wie folgt aus. Man könnte den nachfolgenden Abschnitt auch "Macchiavelli für Sondengänger" betiteln.
Abwägung aus Sicht des Sondengängers
Für eine Meldung bei den Behörden spricht:
- Rechtliche Verpflichtung. Die Wahrscheinlichkeit bei Nichtmeldung erwischt zu werden ist allerdings gering, wenn der Sucher verschwiegen ist und niemand außer ihm weiß, ob, von wem, wo und wann der Gegenstand gefunden wurde. Wenn sie nicht in flagranti ertappt werden, können Sondengänger nur mit Informationen juristisch verfolgt werden, die zunächst nur der Sucher selber hat.
Gegen eine Meldung bei den Behörden spricht:
- Der Verlust des Fundes, falls dieser wertvoll sein sollte . In Schatzregalländern wird er ersatzlos oder gegen ein Trinkgeld konfisziert. In Nichtschatzregalländern bilden Finder und Grundeigentümer eine unfreiwillige Eigentümergemeinschaft. In aller Regel möchten Sucher ihre Funde aufgrund des immensen ideellen Wertes lieber behalten, als finanzielle Abgeltungen zu akzeptieren. Selbst wenn der Grundeigentümer damit einverstanden sollte und selbst wenn sich dieser mit dem 50% Anteil laut BGB zufriedengeben sollte, so müsste der Finder ihn auszahlen. Dass der Finder dazu in der Lage ist, wird mit zunehmenden Wert des Fundes immer unwahrscheinlicher und ist bei Sensationsfinden praktisch ausgeschlossen. Also muss der Finder einem Verkauf zustimmen.
- In Nichtschatzregalländern: Jahrelange, nervenaufreibende, kostenintensive Rechtsstreitigkeiten, falls der Grundeigentümer mit seinem Anteil [2] (50% lt. BGB, wenn nichts anderes vereinbart wurde) nicht zufrieden ist. Die, auch internationale Erfahrung zeigt, dass sich Grundeigentümer mit ihrem Anteil nicht zufrieden geben, wenn es um viel Geld geht. Die alte Schatzsucherweisheit „Geld erzeugt Gier“ bewahrt sich hier immer und immer wieder. Obwohl der Rechtslage eindeutig ist, nehmen Grundeigentümer immer wieder solche Positionen ein, in der offensichtlichen Hoffnung, dass dem Finder irgendwann einmal die finanziellen Mittel, z.B. für kostspielige Gegengutachten zu Gutachten amtsarchäologischer Institutionen, ausgehen oder die Nerven versagen oder er schlichtweg des Kampfes müde wird.
- Wertminderung in Nichtschatzregalländern. Der erzielbare Erlös für ein Artefakt kann mit der Meldung dramatisch abnehmen. Sammler oder Museen in den USA zahlen bis zum Zehnfachen des hiesigen Preises, machen aber kein Angebot, wenn sie befürchten müssen, den Gegenstand nicht in ihr Land importieren zu dürfen. Damit müssen sie jedoch rechnen, wenn der hier den Behörden gemeldet und als nationales Kulturgut eingestuft wurde. [1]
- Keine Anerkennung durch die archäologische Welt. In den offiziellen Publikationen tauchen Sondengängerfunde entweder gar nicht auf oder der Sondengänger wird nicht erwähnt. Man umschreibt es dann mit „Lesefund“. Sollte der Fund in ein Museum kommen, steht kein „gefunden von“ Schild dabei. Die Himmelsscheibe von Nebra stellt den tollsten Fund und somit die größte Fundleistung dar, die jemals Menschen in Deutschland erbracht haben. 100 Jahre Amtsarchäologie haben nichts Vergleichbares zustande gebracht. Und was erfahren wir aus den amtsarchäologischen Publikationen über die Finder? „Raubgräber“, „Kriminelle“. Sonst nichts.
- In Bayern wird die Sondengeherei vom zuständigen LDA, dem BLFD, in Bausch und Bogen abgelehnt. Daher werden Fundmeldungen offiziell nicht angenommen. Damit entfällt hier das Argument für die Meldung, dass damit der Wissenschaft gedient wird.
- Diese szenebekannte Sondengängerskepsis der Behörden bewirkt auch, dass ein Finder im Fall eines außergewöhnlichen Fundes kaum mit ihrer Unterstützung rechnet. Er muss im Gegenteil davon ausgehen, dass die Behörde die Grundhaltung einnimmt „Fällt uns doch im Traum nicht ein, dabei mitzuhelfen, dass so jemand auch noch belohnt wird“ und sich nur so weit zugunsten des Sondengängers verhalten wird, wie es unbedingt muss. Auch die Münchener archäologische Staatssammlung hat in der Wahrnehmung der Sondengänger bisher eher eine sondengängerfeindliche Position eingenommen [2, Stichwörter Goldkessel und Bronzekanne] und ihnen mit entsprechenden Expertisen das Leben schwer gemacht. Auch im von der reinen Rechtslage (kein Schatzregal) sondengängerfreundlichen Bayern sehen sich Sucher von ihnen übelgesinnten, mächtigen Parteien umgeben, die nur darauf warten, dass sich ein Finder aus der Deckung wagt, um von dessen Fund zu profitieren, ihm selber Vorteile jedoch möglichst weitgehend zu verweigern.
- Keinerlei sonstige, wie auch immer geartete Belohnungen für die Fundleistung. Das Machen seltener Funde ist sehr schwer, deshalb sind sie so selten. Es dennoch zu schaffen stellt eine außergewöhnliche Leistung dar, die belohnt werden sollte. Daher kannte man schon in der römischen Antike den 50% Anteil des Finders. Nicht zu belohnen widerspricht dem Gerechtigkeitsempfinden, ganz besonders dann, wenn man selbst der Finder ist.
- Mögliche, als kleinlich empfundene Diskussionen darüber, warum er dort überhaupt ohne Genehmigung gesucht hat. Durch eine von den Suchern als unsinnig restriktiv empfundene Genehmigungspraxis haben die Denkmalschutzbehörden sichergestellt, dass selbst im rechtsbewussten Deutschland viele Sucher ohne Genehmigung unterwegs sind. Auf den Eigentumsanspruch in Nichtschatzregalländern hat das Vorhandensein einer Genehmigung übrigens keine rechtliche Auswirkung.
- Evtl. Bußgeldverfahren mit ausgesucht abstrusen Begründungen. Bevor der Sucher dort gesucht hat, haben sich die Behörden keinen Deut um dieses Areal geschert. Kein Beamter wäre auf die Idee gekommen, dort in seiner Freizeit zu suchen, wie der Sucher es getan hat. Nachdem der Sucher dort etwas gefunden hat, hat er damit plötzlich eines der größten archäologischen Heiligtümer Deutschlands entweiht. Der Punkt ist unter praktischen Gesichtspunkten allerdings vergleichsweise unwichtig. Was Bayern und das BLFD betrifft, kann in diesem Punkt vermutlich Entwarnung gegeben werden. Der Leiter der Bodendenkmalpflege, Herr Dr. Sommer, sagte mir, dass er sicht nicht erinnern könne, dass jemals ein Sucher aufgrund der Fundmeldung beim BLFD Unannehmlichkeiten wegen einer fehlenden Genehmigung bekommen hätte.
- In Schatzregalländern ist eine Meldung aus der Sicht vieler Sondengänger unter, nennen wir es einmal pädagogischen Gesichtspunkten, das vollkommen falsche Signal. Die Amtsarchäologen werden den Schatzregalparagraphen nie abschaffen, wenn sie das Gefühl haben, damit gut zu fahren. Tatsächlich erhält man in den Schatzregalländern seit Jahrzehnten erheblich weniger Fundmeldungen als in gleich großen Nichtschatzregalländern, wie z.B. ein direkter Vergleich zwischen Bayern und Baden-Württemberg ergibt.
- Verlust der Kontrolle über den weiteren Ablauf. Die Denkmalschutzbehörden werden sich der Fundstelle bemächtigen, sofern sie sie interessiert.
- Damit verwandt ist eine Problematik, die bei materiell wertvollen Funden wie Münzschätzen in Nichtschatzregalländern entsteht, sofern der Finder die Gegenstände nicht ausgräbt, sondern dies im Interesse einer Befundsicherung den Behörden überlässt: Der Finder ist hälftiger Eigentümer, aber da die Funde von den Behörden ausgegraben und gleich in Verwahrung genommen werden, kann er sie keinem unabhängigen Experten zur Wertschätzung vorlegen. Dieser braucht die Originalstücke, keine Fotos. Diese Unkenntnis des wahren Wertes kann für ihn nachteilig sein, wenn er ausbezahlt wird. Erfahrungsgemäß schätzen die Behörden den Wert der Funde in einer solchen Situation nämlich relativ gering ein. Dieser Punkt spricht nicht gegen die Meldung an sich, sondern nur gegen die Meldung in situ, d.h. in Fundlage. Es spricht nicht dagegen den Fund selber auszugraben - dadurch ggf. Befunde zu stören - und dann zum Amt bringen. Auf weitere Nachteile der in situ Meldungen für den Sondengänger wird nachfolgend eingegangen.
- Ebenfalls gegen die in situ Meldung spricht bei ausgesucht spektakulären Funden, dass dem Sucher damit die Vorteile teilweise oder gänzlich entgehen, die durch das Kontaktieren der Presse bzw. aus dem Urheberrecht resultieren. Die Exklusivstory der Fundbergung könnte für die Medien interessant sein. Der Sucher kann diese nicht mehr anbieten, wenn er die Kontrolle über die Abläufe via Meldung bereits an das LDA übergeben hat. Die Vorteile über Medienkontakte, aus dem Urheberrecht (Siehe Abschnitt "Urheberrecht" im Artikel "Rechtslage" ) oder aus Wissensvorsprung (siehe Fund: Wissen) können legal, im Gegensatz zu denen des Eigentums, auch von Sondengängern in Schatzregalländern genossen werden. Allerdings nur, wenn der Fund auch gemeldet und eine Fundunterschlagung somit vermieden wird. Dieses mag meldenden Sondengängern in Schatzregalländern als Trostpflaster angesichts der Konfiszierung ihres Fundes dienen, ist aber wie gesagt nur in seltenen, außergewöhnlich spektakulären Funden anwendbar. Dass der Fund spektakulär ist, weiß man freilich wiederum erst nach dem Ausgraben.
- Ebenfalls gegen die in situ Meldung spricht das Verlustrisiko, dass jeder Sondengänger eingeht, der etwas findet, ohne es gleich komplett auszugraben und an sich zu nehmen. Erstens könnte, während man selber noch mit dem LDA verhandelt, ein anderer dieselbe Sache finden. Der wird sie dann garantiert ohne viel Federlesens sofort ausgraben und auf Nimmerwiedersehen an sich nehmen, im Jargon "weilerswisten" genannt. Dieses Risiko spürt jeder Sondengänger instinktiv und macht zwischen Entdeckung und Bergung wortwörtlich kein Auge mehr zu. Zweitens ist zu befürchten, dass das Nichtausgraben die rechtliche Stellung des Sondengängers schwächt, siehe [3] und siehe die Anmerkung zum Passus "…und infolge der Entdeckung in Besitz genommen…" in §984 BGB.
Zusammenfassung
Zusammengefasst spricht aus Sicht der Sondengängers wesentlich mehr gegen als für eine Meldung, insbesonders in Schatzregalländern. Er kann durch eine Meldung wenig gewinnen, aber alles verlieren und hat das Der-Ehrliche-ist-der-Dumme-Gefühl. Auch Leute, die sich sonst immer an Recht und Gesetz halten, werden es unter diesen Umständen nicht tun. Diese Leute sind nicht das personifizierte Böse, als die sie die Amtsarchäologie gerne hinstellt, sondern ganz normale Leute, die nur versuchen ihre aus ihrer Sicht berechtigten Interessen zu wahren.
Die archäologische Fachwelt hat die meldefeindliche Situation selber geschaffen und darf sich daher über mangelnde Fundmeldungen nicht beschweren. Solange die Lage so bleibt, solange sie von den Suchern erwartet im Fundfall massiv gegen ihre eigenen Interessen zu handeln, wird sie zu vielen Funde keinen Zugang erhalten. In Hinblick auf den archäologischen Erkenntnisfortschritt ist dies höchst schädlich und bedauerlich. Sollte sich das Bild umkehren, sollte eine Meldung auch im Interesse des Sondengängers liegen, wird das gemeldete Fundaufkommen explodieren. Zu einer ähnlichen Entwicklung kam es in England, als das antiquierte Fundrecht 1996 von einer sucherfreundlichen Variante abgelöst wurde.
Ausklang
Dass es auch anders geht, zeigt ein aktuelles Beispiel aus England. Dort hatten im Januar 2007 die Sondengänger David and Andrew Whelan – Vater und Sohn – im Raum Harrowgate in Nordyorkshire auf einem Acker den bedeutsamsten Wikingerschatz der letzten 150 Jahre gefunden, einen Behälter mit mehreren hundert Objekten. Sie gruben vermutlich den Behälter aus, versuchten jedoch nicht den Inhalt zu entfernen. Sie mussten lediglich den Fund melden. Danach mussten sie sich um nichts mehr kümmern oder sich um bevorstehende Rechtsstreitigkeiten sorgen. Gemeinsam mit dem Grundeigentümer waren sie von dem Moment der Meldung an unbestrittene Eigentümer. Die Behörden kümmerten sich um den Rest.
Das Medienecho war sehr groß und einhellig positiv, ebenso die Aussagen verschiedener Vertreter staatlicher Stellen. Die Kulturministerin Margaret Hodge lobt die Finder ausdrücklich für das, so wörtlich, „prompte und verantwortungsvolle“ Melden des Fundes. Vertreter von Museen äußerten sich geradezu enthusiastisch. Man werde den Fund erwerben, gemeinsam auswerten und Erkenntnisse mit jedermann teilen. Um die finanziellen Mittel für den Erwerb von Finder und Grundeigentümer bereitzustellen wird eine Lotterie veranstaltet werden, ein in Deutschland für staatliche Stellen undenkbares, in England aber durchaus übliches Finanzierungsinstrument, auch in anderen Zusammenhängen als Schatzfunden. Es wird ein Kaufpreis um 750.000 Pfund erwartet, der hälftig zwischen Grundeigentümer und dem Finderpaar aufgeteilt werden wird.[4]
Für einen deutschen Sondengänger klingt das wie eine Schilderung aus einer Wunderwelt.
Quellen
[1] Im Jahr 2003 fand der Hobbyarchäologe Michael Zimmermann Teile einer Ritterrüstung, einen sog. Plattenrock, auf dem Gelände des Burgstalls Hirschstein bei Passau.
UPDATE 21.3.08
Nachdem der Finder Kontakt zu sondengaenger-deutschland.de aufgenommen hatte, findet sich eine stark erweiterte und in einem wichtigen Punkt korrigierte Darstellung des Fundes und seiner Umstände nun in dem neu hinzugefügten Artikel "Fund einer Ritterrüstung".
[2] Erfahrungsgemäß muss in Bayern ein Finder von materiell ungewöhnlich wertvollen Funden oft mit juristischen Mitteln um seinen 50% Anteil kämpfen. Die einzige mir bekannte Ausnahme ist der o.g. Passauer Plattenrockfund von 2003. Sowohl beim Fund des 10 kg schweren Goldkessels im Chiemsee im September 2001, als auch beim Schatzfund im Raitenbucher Forst kam der Finder erst nach einem Rechtsstreit zu seinem Anteil. Für viele Sucher, die noch nie mit Gerichten und Juristen zu tun hatten, ist die Aussicht auf einen mehrjährigen, nervenaufreibenden Rechtsstreit sehr unangenehm. Hier liegt ein echter Vorteil des englischen Systems, siehe Sondengänger außerhalb Deutschlands.
Im Falle des Goldkessels hatte ein Experte der Archäologischen Staatssammlung München diesen zunächst als Eigentum des 3. Reiches eingeordnet. Für den Finder hätte das zur Folge gehabt, dass er statt des 50% Anteils (nach §984 BGB an einem Fund, dessen Eigentümer nicht mehr feststellbar ist) nur einen 3% Finderlohn für eine verlorene Sache vom Freistaat Bayern erhalten hätte.
Im Raitenbucher Forst hatte eine Frau eine mit Goldmünzen gefüllt römische Bronzekanne gefunden. Nach längerem juristischen Gezerre entschied 2001 ein Gericht, dass der Frau 50% am Eigentum der Kanne zusteht. Um die Eigentumsrechte an den Münzen ging es in diesem Prozess nicht. Prozessgegner waren die Bezirksfinanzdirektion München als Grundeigentümer sowie die Prähistorische (heute: Archäologische) Staatssammlung München als wissenschaftliche Expertin. Über die Münzen wurde vermutlich gesondert gestritten. Auch in diesem Fall trat die Staatssammlung mit einer Expertise auf, die sich gegen die Interessen des Suchers richtete.
[3] Im März 2004 fielen einer Frau Erdverfärbungen in einer Kiesgrube bei Bobingen im bayerischen Landkreis Augsburg auf. Sie informierte die Behörden. Diese fanden ein Gräberfeld mit sehr reichen Grabbeigaben. Zeitstellung breit gefächert, in der Hauptsache Bronzezeit. Die Frau liegt mittlerweile im Streit mit dem BLFD, das ihr Eigentumsrechte lt. Presse mit der Begründung abspricht, sie habe nicht selber gegraben.
Quelle: Der Standard, Onlineausgabe vom 6.8.2007, http://derstandard.at/?url=/?id=2973653 auch erwähnt in http://www.sucherforum.de/smf/index.php/topic,25639.0.html
[4] Siehe http://www.treasurehunting.tv/?p=244 und http://de.wikipedia.org/wiki/Depotfund_von_Harrogate
[5] Zu der Problematik des Totschweigens privater Entdeckungsleistungen durch die Amtsarchäologie siehe unbedingt auch Quelle [4] in dem Artikel über die Interessengruppe der Archäologen.
[6] So entdeckten Manfred Moosauer und Traudl Bachmaier die bronzezeitliche Siedlung Bernstorf und publizierten darüber beim auf archäologische Fragen spezialisierten Theiss Verlag. "Bernstorf - die versunkene Stadt aus der Bronzezeit ", Theiss, 2000
[7] z.B. Franck Goddio, Versunkene Schätze. Archäologische Entdeckungen unter Wasser, Theiss 2005. Eine Auswahl beeindruckender Artefakte wurde in einer vielbeachteten Ausstellung im Berliner Gropiusbau gezeigt.
Nachtrag 20.1.09
Der neue Artikel "Schatzsucher" erläutert das Wesen dieser Spezies eingehend und enthält auch ein Kapitel "Gebrauchsanleitung".
(C) Thorsten Straub, www.sondengaenger-deutschland.de