Inhaltsverzeichnis

Einleitung

Dieser Artikel berichtet über Statistiken archäologischer Funde. Alle hier aufgeführten Fundstatistiken wurden der archäologischen Fachliteratur entnommen.

Ein zentrales Anliegen dieser Website ist, auf die Bedeutung von Privatpersonen für den archäologischen Erkenntnisgewinn hinzuweisen. Im Abschnitt Entdeckungen durch Privatleute und seinen Unterabschnitten wurden zahlreiche Entdeckungen von Privatleuten mit und ohne Metalldetektor aufgeführt. Nun kann die Frage gestellt werden, ob das nur Einzelfälle sind oder ob auch die Statistiken der archäologischen Institutionen dieses Bild von der großen Bedeutung privater Entdeckungen bestätigen. Um diese Frage zu beantworten wurde dieser Artikel geschrieben.

Zunächst muss man voranschicken, dass die archäologischen Funde in Deutschland keineswegs so gut statistisch erfasst sind, wie es wünschenswert wäre. Es gibt keine Gesamtstatistik aller Funde. Verfügbar sind lediglich Statistiken, die sich auf eine bestimmte Art von Funden aus einem bestimmten geografischen Gebiet oder aus einer bestimmten Sammlung, z.B. dem Bestand eines Museums, beziehen. Aufgrund der relativ kleinen Anzahl erfasster Objekte sind sie mit Vorsicht zu handhaben. Die großen Zusammenhänge geben sie jedoch gut wieder.

Verlässliche Statistiken zu Funden von Sondengängern in Deutschland kann es schon deswegen nicht geben, weil die Sondengänger - wie die Bevölkerung allgemein - ihre Funde zumeist nicht melden. Selbst wenn sie gemeldet werden, so erscheinen sie z.B. in Bayern nicht in den offiziellen Publikationen und Fundstatistiken, denn das wäre eine Anerkennung des "Klassenfeindes". Daher wird auf englisches Material zurückgegriffen. In England wurde 1996 eine antiquierte Rechtssprechung - dem deutschen Schatzregal vergleichbar - durch ein neues und relativ sondengängerfreundliches Gesetz ersetzt. Der Treasure Act (Schatzgesetz) erfasst Schatzfunde, die einer präzisen Definition entsprechen. Zusammengefasst sind Schätze danach Nichtmünzen aus Edelmetall und ansonsten immer Objektgruppen, keine Einzelobjekte. Sollte der Edelmetallanteil der Objektgruppe 10% übersteigen, reicht ein Alter von 300 Jahren. Horte aus unedlerem Metall müssen antik sein. Eine einzelne keltische Goldmünze fällt demnach nicht unter dieses Gesetz.

Gleichzeitig wurde das Portable Antiquity Scheme (PAS) eingeführt, eine freiwillige Erfassung derjenigen archäologischen Funde, die keine Schatzfunde im Sinne des Treasure Act sind, in einer internetbasierten Datenbank. Diese Datenbank kann von jedem Internetbenutzer eingesehen werden. Wie es in England zu der Entstehung der weltweit einzigen einigermaßen funktionierenden Zusammenarbeit zwischen Sondengängern und Amtsarchäologie kam, und welche Lehren daraus für Deutschland zu ziehen sind, wird in dem Artikel "Sondengänger in England. Situation und Entwicklung" beschrieben.

Beide englische Datensammlungen haben nach mehr als 10 Jahren einen solchen Umfang erreicht, dass sie das mit Abstand verlässlichste statistische Material über Sondengängerfunde weltweit darstellen.

Bronzezeitliche Hortfunde in Deutschland

Für die Beschreibung deutscher Fundverhältnisse wurden Statistiken über bronzezeitliche Hortfunde aus der Austellung "Gaben an die Götter - Schätze der Bronzezeit Europas" ausgewählt. Diese Ausstellung wurde von der Freien Universität Berlin in Verbindung mit dem Museum für Vor- und Frühgeschichte, Staatliche Museen zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz durchgeführt. [1] Die Ausstellung umfasste 85 Hortfunde. Bei 54 war die Auffindungszeit bekannt. Der Katalog dieser Ausstellung wird in den nachfolgenden Absätzen "Quelle" genannt.

Exkurs:
Die Quelle beklagt, dass geschlossene Funde sehr selten sind und das ihr wissenschaftlicher Aussagewert durch unsachgemäße Bergung durch Laien stark gemindert wurde. Weiterhin weist die Quelle darauf hin, dass "bei über einem Drittel der hier untersuchten Depots die Fundumstände nicht geklärt oder zumindest fraglich [sind] bzw. nur ein kleiner Teil des Bestandes erhalten [ist]". Auch wird aufgeführt, dass "zum Leidwesen der Archäologen Hortfunde bei organisierten Grabungen nur sehr selten entdeckt werden".

Die Aussagen sind sachlich korrekt. Sie zeugen jedoch von der in der gesamten Amtsarchäologie üblichen einseitigen Betrachtungsweise. Dass man den Privatleuten 98% der Funde verdankt (s.u.), wird mit keinem Wort gewürdigt. In der Bewertung des Einflusses der Privatpersonen konzentriert sich auch diese Quelle ausschließlich auf die negativen Aspekte. Andererseits wird sie dadurch auch für mitlesende Archäologen akzeptabel sein.

In einem bemerkenswerten Kontrast zu den o.g. amtsarchäologischen Klagen steht die Tatsache, dass die Denkmalschutzbehörden in der Regel noch nicht einmal bereit sind, von Sondengängern entdeckte und gemeldete in situ Befunde selber auszugraben. (in situ Befunde sind weitgehend unangetastete, weitgehend geschlossene Funde, an denen sie nach den o.g. Klagen doch ein brennendes Interesse haben müssten.) Beispiele für solche Ablehnungen sind der Hortfund von Kirchseeon sowie die Meldung eines möglichen Brandflachgrabs .

Solche Widersprüche sind in Amtsarchäologie häufig und haben dazu beigetragen, dass solche Klagen insbesondere von langjährigen Sondengängern oft nicht mehr ernst genommen werden. Das Zustandekommen dieser Widersprüche wird in einem noch zu schreibenden Artikel geschildert.
Ende des Exkurses.

Die Quelle enthält zwei Statistiken. Eine über die Umstände der Auffindung der Horte und eine über den zeitlichen Verlauf der Meldehäufigkeit.


Umstände der Auffindung

Meldehäufigkeit

Zwischenfazit

Lediglich 2% der Horte stammen aus Ausgrabungen. Fast alle Horte wurden folglich von Privatleuten gefunden.

Von den Fundumständen ist in einem Drittel der Fälle nichts bekannt. Eben weil es so häufig keinerlei Funddokumentation gibt, sollten Archäologen über selbst mäßig dokumentierte Fundmeldungen von Sondengängern glücklich sein. Sind sie aber nicht. Zweierlei Maß und ein weiterer der o.g. Widersprüche.

Die wichtigsten Aktivitäten für das Machen der Zufallsfunde sind Land- und Forstwirtschaft sowie Baumaßnahmen.

Zur Meldehäufigkeit ist zu sagen, dass das Maximum Ende des 19. Jhd. erreicht wurde, in der so archäologiebegeisterten wilhelminischen Epoche. Danach nahm der Strom neuer Meldungen kontinuierlich ab. Ein Grund dafür ist sicher die zunehmende Mechanisierung im gewerblichen Bereich. Dem stimmt auch die Quelle zu. Ein anderer - von dem in der Quelle freilich nicht die Rede ist - wird die abnehmende Archäologiebegeisterung der Bevölkerung im 20. Jhd. sein. Diese wiederum ist eine Folge einer verfehlten Öffentlichkeitsarbeit der Amtsarchäologen sowie ihrer für die Öffentlichkeit unattraktiven Arbeitsergebnisse , siehe Beitrag "Archäologie und Archäologen in Deutschland". Von Troja bis zum Fund der Himmelsscheibe - die wirklich aufregenden Entdeckungen kommen von den Amateuren. Die "Profis" beschränken sich weitgehend auf das Verwalten.

Kommen wir nun zu den Sondengängerstatistiken aus England.

Fundmeldungen englischer Sondengänger

Nachfolgend werden die beiden wichtigsten englischen Sondengängerstatistiken gezeigt [2]. Gezeigt wird der Meldeverlauf der Schatzmeldungen vor und nach Einführung des Treasure Act 1996 sowie der Bestandsverlauf in der Meldedatenbank PAS, die archäologische Funde enthält, die keine Schätze im Sinne des Treasure Act sind. Über das Internet kann jeder Einträge in PAS vornehmen und in den Beständen recherchieren. Für weitere Statistiken zu den Resultaten der meldefreundlichen englischen Gesetzgebung siehe Abschnitt "Resultate" im Artikel "Sondengänger in England".

Die Grafiken können durch Anklicken vergrößert werden.

Meldeverlauf englischer Schatzmeldungen 1988-2007

Englische Schatzfunde 1988 bis 2007 Etwa Verzehnfachung der Fundmeldungen seit Einführung des sondengängerfreundlichen Treasure Act 1996. Weitere Erhöhung als Seiteneffekt der Meldedatenbank PAS etwa ab deren Akzeptanzdurchbruch 2002. Vorher unzureichende Mittel.

Meldeverlauf sonstiger arch. Objekte 1997-2007

Englische archäol. Nichtschatzfunde 1997 bis 2007 Akzeptanz des Meldedatenbank PAS ab etwa 2002. Vorher unzureichende Ausstattung. Danach ständig steigende Fundbasis.

Entwicklung englischer Münzschatzfunde 1972-96

Neben Bronzehorten sind Münzhorte die wohl spektakulärste Fundgattung in Mitteleuropa. Seit Anfang der 1970er Jahre (Metalldetektoren) bis 1996 (Publikation der Quelle) hat die Anzahl gemeldeter Münzschätze in England stetig zugenommen. 1972 wurde etwa ein halbes Dutzend gefunden. In den 12 Monaten vor Publikation der Quelle waren es knapp 100. [3]

Zusammenfassung

Quellen und Anmerkungen

[1]

Katalog: "Gaben an die Götter" von Alix und Bernhard Hänsel. 1997. Die statistischen Informationen wurden daraus dem Beitrag "Zufälle als Schatzquelle - Aspekte und Anekdoten zur Auffindung von Depots" von Vera Hubensack, S.23ff, entnommen.

[2]

Quelle: “The Development and Future of the Treasure Act and Portable Antiquities Scheme” von Roger Bland. In "Metal detecting & archaeology", Hrsg. Von Suzie Thomas und Peter G. Stone, Woodbridge, Boydell Press, 2009, The International Centre For Cultural & Heritage Studies, Newcastle University, S.63ff

[3]

Edward Fletcher, Buried British Treasure Hoards, 1996

(C) Thorsten Straub, www.sondengaenger-deutschland.de