Historische Funde (4/11)

Einleitung

Nach einigen Tagen der Suche war es Zeit für eine erste Zwischenbilanz. In den ersten 2, 3 Tagen hatte ich nichts außer Bombensplittern und rel. jungen Hufeisen gefunden, also nichts Interessantes. In den nächsten Tagen kamen dann die oben gezeigte Funde, die auch nicht gerade berühmt sind. Insbesondere hatte ich nichts Römisches gefunden, nicht die kleinste, kümmerlichste Münze. Man konnte meinen, dass nie ein Römer seinen Fuß in diese Gegend gesetzt hatte. Dem Nachweis einer römischen Straße war ich kein Stück näher gekommen.

Ich erwähne dies, um auf die langwierige Natur der Suche hinzuweisen. Man überliest so leicht „später fand ich …“ oder „nach einigen Tagen kam folgendes ans Tageslicht“, aber diese Formulierungen bedeuten, dass man einige Tage ohne jeden Erfolg mit der Sonde durch die Gegend lief. Und langsam innerlich unruhig wurde und sich fragte, ob man sich nicht das falsche Gebiet ausgesucht hat. Alles das gehört zur Suche. Jeder professionelle Sucher weiß und akzeptiert dies und kennt die Tugend der Geduld (zumindest theoretisch). Egal, ob er nach Artefakten, Fossilien, Mineralien oder Meteoriten sucht. Aller Anfang ist schwer.

Nach einigen Tagen kam ich zu einem kleinen Bach. Sofort hatte ich Visionen von römischen Soldaten, die dort ihre Pferde tränkten und dabei ihre halbe Ausrüstung im Schlamm verloren. Also stapfte ich stundenlang sondenschwingend durch den Morast, im Hinterkopf Bilder aus „Gladiator“ und „Ben Hur“. Keine Funde. Nichts. Überhaupt nichts, wenn man von einem eindeutig nachrömischen Fahrradschloss absah.

Danach ging es wieder auf höheres Gelände. Es hatte im 20. Jhd. offenbar als inoffizieller Campingplatz gedient, brachte aber nur Schrottfunde. Dann erhielt ich das typische Signal einer Patronenhülse, wie es dank der Jäger in allen Wäldern häufig anzutreffen ist. Ich grub langsam und die Erde verfärbte sich grünlich. Das tut sie bei Patronenhülsen nicht oder nur minimal. Mit einem Stock grub ich vorsichtig und langsam weiter.



Fibel

Vorsichtig entnahm ich folgendes Objekt dem Erdboden. Es handelt sich um eine römische Zwiebelkopffibel. Bevor im Mittelalter der Knopf erfunden wurde [23], schlossen die Menschen ihre Kleidung mit einer Art Sicherheitsnadel, der Fibel. Da sie offen zu sehen war, diente sie als Statussymbol und wurde teilweise aufwändig gefertigt. Da sie der Mode unterlag, ist sie sehr gut datierbar, fast so gut wie Münzen. Spezialisten können antike Fibeln heute auf wenige Jahrzehnte genau datieren.

Die nachfolgenden Bilder zeigen den Fund nach einer ersten Reinigung. Material ist vergoldete Bronze bzw. vergoldetes Kupfer. Diese Fibeln gehörten Personen, die im römischen Reich eine offizielle Stellung bekleideten, Soldaten oder Beamte. Je nach Rang wurde als Basismaterial Kupferlegierung, Silber oder Gold verwendet. Der Fund datiert in die erste Hälfte des 4. Jhd. [1]

Vergoldete römische Bronzefibel 1 Erste Hälfte 4. Jhd.

Im Bereich der rechten „Schulter“ sieht man Reste der Vergoldung durchschimmern.

Vergoldete römische Bronzefibel 2 Erste Hälfte 4. Jhd.

Der hohle, zwiebelförmige „Kopf“ ist alt zerbrochen. Ansonsten ist der Zustand aber gut, auch die Nadel ist noch erhalten.

Nachdem ich den Fund grob gereinigt und mittels Fachliteratur datiert hatte, informierte ich den Referenten für provinzialrömische Archäologie am BLFD (Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege), Herrn Dr. Pietsch, über den Fund. Der freut sich immer über so etwas.

Mit dem monetären Wert kenne ich mich nicht gut aus. Da im Fernsehen [2] eine komplette, nichtvergoldete Variante mit gut 100 Euro taxiert wurde, vermute ich, dass hier der Wert ähnlich anzusetzen ist.

Da hier die Nadel intakt war, hielt ich es für möglich, dass die Fibel bewusst deponiert worden war. Also suchte ich die Umgebung sehr gründlich ab, fand aber nichts mehr (außer vielen Jägerhülsen, die zur gleichen Anzeige des Detektors führen und mich folglich jedes Mal kurzfristig elektrisierten).

Dennoch: Der erste eindeutig römische Fund, den ich in diesem Areal jemals gemacht hatte! Eine Fibel macht zwar noch keine Römerstraße, aber es ist ein Schritt in die richtige Richtung. Vor 1700 Jahre hatte an genau der gleichen Stelle, an der ich stand, ein Römer dieses Objekt verloren. Näher kann man Geschichte nicht kommen, Museen und erst recht Bücher sind steril dagegen.

Am nächsten Tag ging die Suche weiter. Da sich die Umgebung der Fibel als fundleer erwiesen hatte, entfernte ich mich wieder. Da ortete ich ein großes Eisensignal. Das ist nichts Ungewöhnliches, meist sind es neuzeitliche Hufeisen aus dem 16. bis 19. Jhd.. Die findet man in den Wäldern häufig, geben gereinigt auch schöne Glücksbringer ab, sind aber Allerweltsfunde. Häufig lasse ich sie vor Ort zurück oder verschenke sie an Passanten.

So langsam grub ich tiefer. Das vertraute Braun der Erde verriet ein Eisenobjekt. Es zeigt auch die charakteristische Krümmung eines Hufeisens, aber je mehr ich das Loch erweiterte und je mehr ich davon sah, desto mehr erschien es mir zu groß zu sein. Es gibt zwar Monsterhufeisen für Kaltblüter, aber das hier schien selbst dafür zu groß zu sein.

Aufgrund einer bisher nur unzureichend erforschten Regel des Universums liegen große und alte Eisenteile immer unter Wurzeln. Damit meine ich nicht die kleinen Fibbeldinger, die man durchreißen kann, sondern solche in einer Stärke von 1-2, manchmal bis 5 cm. Ich habe früher mehrfach versucht, zumindest die dünneren mit meinem Gartengrabwerkzeug (siehe Bild im Absatz „Gewehr“) durchzuschlagen. Das Ergebnis war immer das Gleiche. Ich musste mir ein neues Grabwerkzeug kaufen, weil das Blatt abbrach. Womit gleichzeitig der Suchtag zu Ende war.

Daher hat der Waldsucher immer eine Säge dabei. Man begegnet im Wald nur selten Förstern, aber ich weiß genau: Wenn mal einer auftauchen wird, dann aus dem Nichts und wenn ich gerade eine Wurzel durchsäge… .

An der Säge sollte man nicht sparen. Ich habe natürlich den Mercedes unter den Sägen, so mit lasergehärteten Schneiden und dem ganzen Kokolores. Es ist eine Freude, wie schnell das Blatt durch das Holz geht. Da will man gar nicht mehr aufhören.

Früher konnte ich nur versuchen, eine dicke Wurzel mit Bowiemesser und Stein (Hammerersatz) zu spalten. Hat irgendwie und irgendwann auch funktioniert, aber nachdem ich einmal einen schönen Fund dabei ruiniert hatte, musste doch eine Säge her.

Noch früher wollte ich eine dicke Wurzel, unter der sich eine mutmaßliche Musketenkugel versteckte, mangels Alternative mit dem Spaten durchschlagen,. Die Kugel liegt heute noch dort. Die Methode kann man vergessen. Es hat was von Conan der Barbar und man hinterlässt quadratmeterweise Holzspäne auf dem vorher so schön aufgeräumten, moosgrünen Waldboden; auch verscheucht man alles Wild in 500 m Umkreis, nur an das Artefakt kommt man nicht.

Nach diesem wichtigen Hinweis zur Schatzsucherausrüstung zurück zum geheimnisvollen, großen Eisenobjekt. Es erwies sich als …



Sichel Länge über alles ca. 35 cm.

Ein Hauch von Miraculix, wenn auch leider nicht aus Gold. Bis auf den Haken am Griffende noch gut erhalten. Könnte man glatt schärfen und wieder einsetzen. Nur datieren lässt sie sich leider nicht. Wie viele Zweckformen hat sich auch diese über die Jahrhunderte kaum verändert. Kann 2000 Jahre alt sein oder auch nur 200.



Dann kam lange erstmal gar nichts mehr. Tage später fand ich diesen

Radsporn ca. 15.-17. Jhd.

Datiert in die frühe Neuzeit. Die Radvariante kam nach den Dornsporen auf. Während dieses Stück stark korrodiert ist, kann unter optimalen Bodenverhältnissen das Rad noch beweglich sein. Das erfordert jedoch Kalkstein- oder Karstboden, der alle Säuren neutralisiert. Für Eisen ist ein alkalisches Milieu optimal.

Danach kam wiederum für lange Zeit nichts. Dann fand ich diese

Römische Bronzeglocke Römische Bronzeglocke mit kreisförmiger Öffnung. Batterie als Größenmaßstab.

Im Inneren kann man Reste der Klöppelaufhängung erkennen. Die Öffnung ist kreisförmig, der Glockenkörper hat annähernd die Form einer Halbkugel.

Diese Glocke kann ich derzeit nicht datieren. Sie hat keine der üblichen Formen, weder für die Römerzeit, noch später. Die Römer kannten neben Eisenglocken auch solche aus Bronze, die jedoch eher pyramidenförmig waren. Sie hatten eine quadratische oder rechteckige Öffnung.

Es gab im späten Mittelalter und der Neuzeit kugelförmige Bronzeglocken, die aber wesentlich kleiner waren, die sog. Bauernbimmel oder im Englischen „Crotal Bells“. Vielleicht ergibt die Reinigung irgendwelche Verzierungen.

Vermutlich wurde die Glocke von einem unachtsamen Nutztier verloren.

Zusammen mit der Sichel wurde auch diese Glocke – diesmal mit der Bitte um Datierung - dem BLFD gemeldet. Ich erhielt keine Antwort, was wohl eine Aufforderung sein sollte, in Zukunft nur noch wirklich spektakuläre, antike Nichteisenobjekte zu melden, wenn überhaupt etwas. War mir auch recht. [4]

(C) Thorsten Straub, www.sondengaenger-deutschland.de